Die Klasse R9b beschäftigt sich im Unterricht des Faches Wirtschaft/Recht mit den Auswirkungen des demografischen Wandels: Unsere Bevölkerung wird immer älter, die Anzahl der Rentner wächst, der Anteil der jungen Erwerbstätigen nimmt ab. Das belastet die sozialen Sicherungssysteme des Staates. Davon ist auch die Rentenversicherung betroffen.

Rentenversicherung? Für Neuntklässlerinnen vorerst noch ein Thema so aktuell und attraktiv wie Altersheim und Stützstrümpfe. Große Mädchen oder junge Frauen am Anfang ihres Lebens, das Berufsleben liegt noch vor ihnen. Finanziell geht es ihnen meist gut, das Taschengeld und der erste Lohn aus Urlaubsjobs oder Babysitten können für Freizeit und für meist entbehrliche Luxusartikel verwendet werden. Und das Leben als Rentnerin ist noch 50 Jahre entfernt.

Dennoch: Die Inflation entwertet bereits heute die Ersparnisse der Schülerinnen. Auch auf einem Sparkonto befindliche Beträge verlieren derzeit innerhalb von 12 Monaten mehr als 5% ihres Wertes. Macht es da nicht doch Sinn, einmal über Wertpapieranlagen nachzudenken, um langfristig eine Grundlage für eine private Altersvorsorge zu schaffen und um kurzfristig der Inflation ein Schnippchen schlagen zu können?

Im Rahmen des Wirtschaft/Recht-Unterrichts führten die Neuntklässlerinnen eine Börsensimulation durch: Die Klasse R9b legte in sieben Teams von jeweils drei bis vier Schülerinnen Wertpapier-Musterdepots bei einer Bank. Jedes Team erhielt € 100.000,- Spielgeld. Und jedes Team entwickelte eine Anlagestrategie:
Welche Wertpapierart ist die richtige? Aktien, Rohstoffe, Fonds, ETFs, Zertifikate?
Wird hektisch eingekauft und verkauft oder regiert die ruhige Hand? Wird in deutsche Wertpapiere investiert oder haben die Schülerinnen internationale Wachstumsmärkte im Blick? Welche Branchen bieten Kapitalzuwachspotenzial? Wird in aktuell erfolgreiche Unternehmen investiert oder eher in Unternehmen, die womöglich zukünftig erfolgreich sein werden?

Als Schülerin gewinnt man – wie die meisten privaten Kapitalanleger – schnell den Eindruck, dass die eigene Informationsgrundlage lückenhaft ist. Dass die Achterbahn der weltpolitischen Ereignisse die Entwicklungen an den Börsen unkalkulierbar beeinflussen. Dass jeder Börsentipp eines Börsengurus zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits wieder falsch sein kann.

Dennoch machte es den sieben Teams Spaß, einmal € 100.000,- Spielgeld zu investieren. Dabei wurde deutlich: Neuntklässlerinnen sind es heute gewohnt, das Internet für Recherchearbeiten zu nutzen. Der Blick der Schülerinnen ging weit über heimische Firmen hinaus. Nachhaltige, ökologisch orientierte Investments wurden gewählt, aber nicht favorisiert. Bekannte Firmen der Konsumgüterindustrie standen im Vordergrund.

Im Rhythmus von ca. zwei Wochen wurde die Wertentwicklung der Musterdepots im Unterricht analysiert. Der Index DAX der 40 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften gab in den vergangenen Monaten keinen klaren Kurs:

Quelle: ING

Die Bewegungen in der Bewertung der Musterdepots waren gering. Keine großen Kursverluste, aber auch wenig Aufwärtsentwicklung. Dennoch faszinierend: Wer im Oktober 2022 € 100.000,- in Unternehmen des DAX investiert hätte, könnte sich jetzt über € 125.000,- freuen.

Aber genauso groß sind auch die Risiken. Der Großteil der Neuntklässlerinnen merkte, dass es als Laie sehr schwer ist, die richtigen Kapitalanlageentscheidungen zu treffen, dass es richtig sein kann, sich von den Anlageberatern der Kreditinstitute fachkundig beraten zu lassen.

Einige Teilnehmerinnen der Börsensimulation aber wurden regelrecht vom Aktienfieber angesteckt: Die Nutzung des Online-Bankings ist einfach, mit wenigen Klicks nimmt man Teil am Geschehen des weltweiten Wertpapiermarktes. Und plötzlich macht auch die Sendung „Wirtschaft vor Acht“ im Fernsehen Sinn. Und die Börsennachrichten in der PNP: Die reden und schreiben dort über die Grundlagen unseres Wohlstandes, über unsere Wirtschaft, über die Kapitalmärkte, über unsere Ersparnisse, über unser Musterdepot. Und ein kleines Stück davon können die Schülerinnen jetzt besser verstehen.

 

R.H.